Eine Garantie auf alle Bankeinlagen
Nach dem Bank Run auf die US-amerikanische Silicon Valley Bank und der Übernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die UBS wächst die Sorge vor einer neuen Bankenkrise in Europa. Wissenschaftler:innen des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE haben daraufhin einen Policy Letter vorgelegt, in dem sie auf mögliche Gegenmaßnahmen eingehen, wie zum Beispiel auf die Ausweitung der Einlagensicherung auf alle Sichteinlagen auch über 100.000 Euro.
Am 3. April 2023 diskutierten die Autor:innen des Papiers Florian Heider, Jan Pieter Krahnen, Loriana Pelizzon und Tobias Tröger gemeinsam mit Elke König, ehemalige Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin), und Lorenzo Bini Smaghi, Chairman der französischen Großbank Société Générale sowie ehemaliges Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, in einem SAFE-CEPR Policy Webinar über die Folgen des Endes der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse. In der Veranstaltung wurde deutlich, dass die Regulatorik seit der Finanzkrise 2009 zwar effizienter geworden ist, es allerdings noch offene Fragen gibt. Daher plädieren die SAFE-Forscher:innen in ihrem Positionspapier für eine Ausweitung der bestehenden Maßnahmen wie die Sicherung aller Bankeinlagen auch über 100.000 Euro, damit Bank Runs als Risikofaktor bestenfalls ausgeschlossen, zumindest aber minimiert werden können.
In einer kurzen Präsentation des SAFE Policy Letter No. 98 erklärte SAFE-Gründungsdirektor Jan Krahnen, dass beide Banken ein unprofitables Geschäftsmodell nutzten und das Risiko eines Bank Runs in Kauf nahmen. Allerdings entstünde dadurch ein enormer Zeitdruck für die Behörden, um Übertragungseffekte im gesamten Markt zu verhindern.
Laut Lorenzo Bini Smaghi ist ein Bank Run ein wichtiges Signal für das Ende einer Bank: „Es ist unmöglich, dass Aufseher einer Bank sagen: ‚Ihr seid insolvent.‘ Wenn Bank Runs durch Versicherungen auf alle Einlagen verhindert würden, würde das unzweifelhafte Signal fehlen, dass mit einer Bank wirklich Schluss ist.“ Bini Smaghi fragte zudem, welche Indikatoren in dem von den Forscher:innen vorgeschlagenen System auf die Zahlungsunfähigkeit von Banken hinwiesen. Darauf entgegnete Jan Krahnen, dass verlustabsorbierendes Kapital die Funktionsfähigkeit des Marktes ermöglicht. Dabei sollten Banken den Preis der Einlagensicherung zahlen, den der Markt zu der Zeit verlangt.
Elke König stimmte Bini Smaghi zu, erklärte aber auch mit Blick auf die Silicon Valley Bank und der Credit Suisse: „Es ist offensichtlich, dass es Fehler im Bankmanagement gab.“ Die Märkte erwarteten im Anschluss eine Ausweitung auf den gesamten europäischen Bankenmarkt. Dazu sei es aber nicht gekommen, da der strengere europäische Aufsichtsrahmen seine Aufgabe erfüllt habe, so König. Sie fügte hinzu, dass zwar die Einlagen privater Haushalte besser abgesichert werden müssten, es aber zumindest zweifelhaft sei, ob auch Risikokapital geschützt werden müsse: „Würden alle Einlagen ohne Unterschied versichert, hätten wir ein ernsthaftes Trittbrettfahrerproblem.“ Tobias Tröger, Leiter des SAFE-Forschungsclusters „Law & Finance“, entgegnete, dass die Aufsichtsbehörden besonders Transaktionskonten und große Einlagen genauer untersuchen müssten.
Loriana Pelizzon, Leiterin der SAFE-Forschungsabteilung „Financial Markets“, ergänzte, dass auch große Unternehmen in Bezug auf die Einlagensicherung genau beobachtet werden müssten. „Sie wären die ersten, die in der Lage sind, einen Bank Run auszulösen. Werden sie es nicht tun, werden die Unternehmen als ‚too big to fail‘ wahrgenommen.“
Am Ende der Diskussion lenkte Florian Heider die Aufmerksamkeit auf die Größe der Banken. In einigen kleineren europäischen Ländern seien größere Banken angesiedelt. Damit diese mit Blick auf ihr Kapitalvermögen zusammenpassten, müsse die Bankenaufsicht im Rahmen der Kapitalmarktunion europäischer werden.