Marc Flandreau wird Stiftungsgastprofessor für Financial History 2024
Marc Flandreau ist ein international renommierter Wirtschaftswissenschaftler und Spezialist der internationalen Geld-, Währungs- und Finanzgeschichte. Seine Forschung gilt dem internationalen Währungssystem, Finanzkrisen und -regulierung, Staatsbankrotten, Umschuldung und den geopolitischen Aspekte des Finanzwesens.
Nach seinem Abschluss an der Ecole Normale Supérieure und der Sorbonne in Paris promovierte er 1993 an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales und wurde 2001 der jüngste Lehrstuhlinhaber an der französischen Eliteschule Sciences Po in Paris. Im Jahr 2017 folgte die Ernennung zum Howard S. Marks Professor für Wirtschaftsgeschichte im Fachbereich Geschichte an der University of Pennsylvania, wo er zudem eine Lehrtätigkeit an der Wharton School ausübt.
Flandreau hat zwei Generationen von Wirtschaftshistorikern ausgebildet, die heute führende Positionen an Hochschulen, in internationalen Organisationen und in der Politik bekleiden. Sein akademischer Hintergrund verbindet sich mit praktischer Erfahrung. So war er unter anderem als Chefvolkswirt für Frankreich bei Lehman Brothers (2002-2008) tätig. Er ist Vorsitzender des Irving Fisher Committee for Long Run Macro-Financial Data and retro-prospective, der von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich geförderten historischen Währungs- und Finanzstatistik, die er zusammen mit der Bank von Norwegen ins Leben gerufen hat.
Flandreau hat zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften und mehrere Bücher veröffentlicht. Er ist der Gründungsherausgeber von Capitalism, A Journal of Economics and History, einer Zeitschrift der Penn Press, die sich dem interdisziplinären Dialog über den Kapitalismus widmet. Er hat zudem in den Herausgebergremien der wichtigsten wirtschaftshistorischen Zeitschriften mitgewirkt und war von 2006 bis 2008 Präsident der European Historical Economics Society.
Nicht zuletzt ist er Autor eines währungshistorischen Klassikers über die Entstehung des internationalen Goldstandards, der 2003 bei Oxford University Press unter dem Titel “The Glitter of Gold” erschien. Seine Arbeit über die langfristige Entwicklung der Devisenreserven im 20. Jahrhundert und insbesondere seine die vorherrschende Sicht revidierende Forschung zum Zeitpunkt der Entstehung des Dollars als internationaler Währung ("The rise and fall of the dollar", 2009, European Review of Economic History, zusammen mit Barry Eichengreen) haben die Literatur und die politische Debatte maßgeblich beeinflusst. In jüngerer Zeit verfasste er eine Studie über die Ökonomie englischer Gelehrtengesellschaften im 19. Jahrhundert (Anthropologists in the Stock Exchange Chicago University Press 2016, erscheint demnächst auf Chinesisch bei The Commercial Press). Derzeit arbeitet er an einer Geschichte der Staatsbankrotte.
Während seines Aufenthalts in Frankfurt im Sommersemester 2024 hält Marc Flandreau einen öffentlichen Vortrag über "The Law and Economics of Governed Platforms: Lessons from the Origins of the London Stock Exchange" (22. Mai 2024) und organisiert eine internationale Konferenz über die Restrukturierung internationaler Staatsschulden (20. Juni 2024). Außerdem wird er im Rahmen der Masterstudiengänge Money & Finance und International Economics and Economic Policy am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt ein Seminar zum Thema "The International Monetary System: History and Prospects" anbieten.
Professor Flandreau ist der achte Gastprofessor im Rahmen der Stiftungsgastprofessur “Financial History” an der Goethe Universität Frankfurt. Im Rahmen dieser Professur werden international renommierte Experten der Banken- und Finanzgeschichte eingeladen, ihre Forschung und Methoden mit Wissenschaftlern, Studierenden und der interessierten Öffentlichkeit in Frankfurt zu teilen. Kooperationspartner sind das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE am House of Finance und das Institut für Bank- und Finanzgeschichte. Bisherige Gastprofessoren waren Benjamin Friedman, Harvard University (2015), Caroline Fohlin, Emory University, Atlanta (2016), Hans-Joachim Voth, Universität Zürich (2017), Harold James, Princeton University (2018), Barry Eichengreen, University of California, Berkeley (2019), Catherine R. Schenk, Oxford University (2021/2) und Eugene N. White, Rutgers University (2023).
Die Gastprofessur wurde 2014 anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Goethe-Universität vom Bankhaus Metzler und der Edmond de Rothschild Gruppe gestiftet. Seit 2018 wird sie vom Metzler Bankhaus und der Friedrich Flick Förderungsstiftung gefördert.