Towards a House of Green Finance: Neue Forschungsimpulse zu Sustainable and Biodiversity Finance
Die Frage, wie sich Klimawandel und andere ökologische Herausforderungen auf den Finanzsektor auswirken, welchen Beitrag dieser für die grüne Transformation leisten kann und welcher Rahmenbedingungen es dafür bedarf, treibt Politik und Aufsicht, Finanz- und nicht zuletzt auch die Realwirtschaft um. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im House of Finance und anderen Bereichen der Goethe-Universität sehen hier einen ihrer Forschungsschwerpunkte, betonte der Geschäftsführende Direktor des House of Finance, Prof. Dr. Rainer Klump, auf dem Panel einer Veranstaltung mit dem Titel „Green Finance Hub Frankfurt“ am 14. November 2023 anlässlich des 8. Green Finance Forums der Euro Finance Week. „Frankfurt hat ein ideales Ökosystem für die Entwicklung von Green Finance: Eine starke Finanzindustrie und Finanzforschung, aber auch viel wissenschaftliche Expertise zu Klimawandel und Biodiversität. Das House of Finance als Teil einer forschungsstarken Volluniversität, die mit den einschlägigen Akteuren in der Region eng verbunden ist, versteht sich als Knotenpunkt eines dynamischen Netzwerks.“
Der sich anschließende vom House of Finance organisierte „Deep Dive“ unter dem Titel „Towards a House of Green Finance“ gab Einblick in aktuelle Sustainable Finance-Forschung im Haus. Das lebhafte Interesse zeigte einmal mehr, dass die Praxis Orientierung in der aktuellen Green Finance-Forschung sucht – z.B. dazu, ob oder inwieweit Regulierung und einzelne Steuerungselemente die erhoffte Wirkung zeigen, wie Banken ihrer Funktion im Transformationsprozess nachkommen sollen oder welche finanziellen Risiken mit der Umstellung auf eine Co2-neutrale Wirtschaft einhergehen. So führte Tobias Berg aus, dass Zweifel hinsichtlich der Erfolgsmeldungen zu Co2-Emissionssenkungen großer Emittenten nach dem Pariser Klimaschutzabkommen angebracht sind, da sie mit einer Verlagerung umweltschädlicher Vermögenswerte im Zuge von Desinvestitionsaktivitäten einhergingen. Isabelle Hinsche bot einen differenzierten Blick auf die Rolle, die Banken in der Beratung und Unterstützung ihrer Firmenkunden im Transformationsprozess ausfüllen können, indem sie anhand einer Befragung von 700 Firmenkunden der DZ BANK AG unterschiedliche Interessenlagen und Bedürfnisse geknüpft an bestimmte Merkmale ermittelte, während Anna-Lena Maurer im Kontext der Frage nach möglichen Steuerungsmechanismen für den Übergang zu einer nachhaltigen Ausrichtung der Unternehmen die Wirkung ausgewählter Maßnahmen anhand von Marktreaktionen analysierte. Alexander Dück gab Einblick darin, wie die finanziellen Effekte und Stabilitätsrisiken der Transformationsphase hin zu Co2-Neutralität in makroökonomischen Modellen erfasst und simuliert werden.
Green Finance soll nicht allein zum Klimaschutz beitragen, sondern gilt auch der Erhaltung der Biodiversität, betonte Rainer Klump zum Auftakt des House of Finance-Workshops zu „Biodiversity Finance“ am 27. November. Erhebliche Anstrengungen sind erforderlich, um Transparenz der Berichterstattung der Unternehmen und die Verbreitung angemessener, einheitlicher Standards zu erreichen. Ihre Definition, die dem neu in Frankfurt angesiedelten International Sustainability Standards Board (ISSB) obliegt, ist eine komplexe Herausforderung, die auf eine besonders intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit angewiesen ist. In dem Workshop, der naturwissenschaftliche, ökonomische und praktische Perspektiven zusammenbrachte, gaben zunächst Henner Hollert, Sprecher des Profilbereichs Sustainability & Biodiversity an der Goethe-Universität, zusammen mit Florian Schwarzmüller, Senckenberg, einen Überblick zum aktuellen Stand der Biodiversitätsforschung, auf deren präzise Ermittlung von Ursachen, Entwicklung möglicher Gegenmaßnahmen und Messung von Wirkungen die Standardsetzer angewiesen sind. Die Konferenz von 2022 in Montreal war, so Lydia von Krosigk, KfW, das „Paris Moment“ der Biodiversitätsbewegung. Eine Finanzierungslücke von ca. 711 Mrd. US Dollar sei zu schließen, allein um das Zwischenziel einer positiven Nettobilanz in der Entwicklung der Artenvielfalt zu erreichen. Die Definition und Anwendung von Berichtsstandards ist ein entscheidender Hebel in der Steuerung der Kapitalströme zugunsten von Biodiversität, so von Krosigk. Um Investoren zu überzeugen, müssten zudem verlässliche Daten über die Wirksamkeit der Maßnahmen vorliegen, führte Jochen Kluve, KfW und Humboldt-Universität Berlin, am Beispiel der Aktivitäten zur Erhaltung globaler Waldgebiete aus. Die KfW versuche mit der Entwicklung einer Datenbank unter Einbeziehung von Geodaten zur erforderlichen Transparenz beizutragen. Was die Berichtsaktivitäten der Unternehmen im Hinblick auf die Artenvielfalt betrifft, zeigte Gerrit von Zedlitz, Universität Mannheim, anhand einer Analyse der Berichte der 360 größten öffentlichen europäischen Unternehmen in den Jahren 2020-2022 eine steigende Tendenz auf, die Informationen seien aber eher qualitativ und die Verwendung der Fachbegriffe uneinheitlich. Alle Beteiligten waren sich darin einig, das interdisziplinäre Workshop-Format im House of Finance fortzusetzen.