“What’s Wrong with Banking and Why?”
Die mit Spannung erwartete Buchvorstellung, gemeinsam organisiert von der Kolleg-Forschungsgruppe Foundations of Law and Finance (LawFin), dem Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) und dem Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE, fand am 10. Oktober 2024 im Casino-Gebäude der Goethe-Universität statt. Sie galt der neuen, erweiterten Ausgabe des erstmals 2013 veröffentlichten Werks The Bankers’ New Clothes, verfasst von Anat R. Admati, Professorin an der Stanford Graduate School of Business, und Martin Hellwig, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, beide führende Experten auf dem Gebiet der Finanzmarktreform.
In ihrer Begrüßung gingen Rainer Haselmann und Tobias Tröger, Direktoren des LawFin Centers und Professoren an der Goethe-Universität Frankfurt, auf die Mission des Zentrums ein, Grundlagenforschung zu Finanzmärkten und ihrer Regulierung zu leisten. Wissenschaft müsse sich auch weiterhin mit der Stabilität des globalen Finanzsystems befassen und Institutionen wie das LawFin Center hätten die Aufgabe, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Politik zu bilden.
Die anschließende Keynote „What’s Wrong with Banking and Why?“ von Anat R. Admati und Martin Hellwig, beide bekannt für ihre disziplinenübergreifenden Einblicke in Finanzökonomie, Recht und Politik, ging der Frage nach, warum der Bankensektor trotz der Reformversprechen nach der globalen Finanzkrise von 2008 nach wie vor gefährlich instabil sei. Admati eröffnete ihren Vortrag mit einer scharfen Kritik am derzeitigen Bankensystem und wies auf ein „falsches Sicherheitsgefühl“ hin, das viele seit der Krise hätten. Sie betonte, dass die jüngsten Bankenpleiten die grundlegenden Gefahren der Finanzbranche deutlich machen und die Unzulänglichkeiten der bestehenden Regulierungen offenlegen. Obwohl einige glaubten, das System sei reformiert worden, bestehen, so Admati, die grundlegenden Risiken nach wie vor und stellt die Dominanz der Banken weiterhin nicht nur eine Bedrohung für die Finanzstabilität, sondern auch für die Demokratie dar.
Martin Hellwig, emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, beschrieb die technischen Mängel der aktuellen Bankpraktiken. Er widerlegte die weit verbreitete Vorstellung, Banken müssten zwingend mit gefährlich niedrigen Eigenkapitalquoten arbeiten, und führte aus, dass politische Widerstände und Eigeninteressen wirksamere Reformen verhinderten. Hellwigs klare und prägnante Erläuterung von Kapitalstrukturen und regulatorischen Schlupflöchern zeigte auf, auf welche Weise Banken nach wie vor „too big to fail“ seien und warum die Öffentlichkeit weiterhin die Hauptlast von Bankkrisen trage.
Eine hitzige Podiumsdiskussion: Widersprüchliche Perspektiven zur Finanzmarktreform
Dem Vortrag folgte eine lebhafte Podiumsdiskussion, die eine Gruppe angesehener Experten mit unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema zusammenbrachte: Neben Admati und Hellwig nahmen auch Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender der Danske Bank, und Simon Gleeson, Senior Consultant bei Clifford Chance, der auf Bank- und Finanzmarktrecht spezialisiert ist, an der Diskussion teil. Moderiert wurde die Debatte von Mark Whitehouse, Wirtschaftsredakteur bei Bloomberg.
Admati und Hellwig blieben bei ihrer Auffassung, das Bankensystem sei nach wie vor gefährlich fragil und benötige eine weitaus radikalere Reform. Sie äußerten sich deutlich kritisch gegenüber dem aktuellen Stand der Regulierung und argumentierten, dass die Finanzbranche nach wie vor von Praktiken durchsetzt sei, die die globale Wirtschaft gefährden. Admati merkte an, dass den Banken zu lange erlaubt worden sei, mit zu wenig Eigenkapital zu operieren, und dass die Kosten dieser Nachlässigkeit von der Gesellschaft als Ganzes getragen würden.
Im Gegensatz dazu verteidigte Martin Blessing die Struktur und Widerstandsfähigkeit des aktuellen Systems. Während er einräumte, dass immer mehr zur Verbesserung des Risikomanagements getan werden könne, argumentierte er, dass die Finanzbranche seit der Krise erhebliche Fortschritte gemacht habe. Blessing hob die verstärkte Aufsicht durch die Regulierungsbehörden und die verbesserten Kapitalpuffer hervor, die Banken heute vorweisen müssen. Er betonte, man habe aus der Vergangenheit gelernt, und das System sei heute weitaus robuster als noch 2008.
Indessen teilte Simon Gleeson, der eine rechtliche und regulatorische Perspektive einbrachte, einige der Kritikpunkte von Admati und Hellwig, drang jedoch darauf, Banken in erster Linie als Zahlungsverkehrsdienstleister statt als Kreditgeber zu verstehen. Er warnte vor allzu strikten Reformen. Gleeson zufolge erfordert die Komplexität der Finanzmärkte ein Gleichgewicht zwischen Regulierung und Flexibilität, wobei er warnte, dass zu viel Regulierung Innovation und Wirtschaftswachstum ersticken könne.
Die Diskussion intensivierte sich weiter, als Admati und Hellwig zum Thema Moral Hazard ausführten, Banken gingen im sicheren Wissen darum, dass sie im Notfall von den Regierungen gerettet werden, weiterhin übermäßige Risiken ein. Blessing widersprach und betonte, das Bankgeschäft sei per se ein Geschäft mit Risiken. Die Aufsichtsbehörden hätten jedoch Mechanismen eingeführt, die diese Gefahren minderten, ohne die Banken zu ersticken. Gleeson führte aus, der regulatorische Rahmen sei heute in der Lage, mit über die nationalen Grenzen hinausgehenden Bankeninsolvenzen umzugehen, weshalb es nicht nachvollziehbar sei, grenzüberschreitende Bankenfusionen mit Blick auf die etwaigen Herausforderungen der Abwicklung zu blockieren.
Foto: Uwe Dettmar